Nachhaltiges Hosting - geht das auf Island?
Wir hatten die Chance, mit Dirk Rene Hirsch von Petricore Green Hosting über die Vor- und Nachteile von Hosting in Island zu sprechen und wie sich Petricore aufstellt, um nachhaltiges Hosting anbieten zu können.
Hallo Dirk, könntest du kurz euer Unternehmen vorstellen.
Moin, mein Name ist Dirk Rene Hirsch. Ich bin Geschäftsführer und Ideengeber der Petricore Green Hosting GmbH. Die Idee von Petricore entstand bereits vor einiger Zeit und war ursprünglich als Musterumsetzung für eine 'es geht auch anders'-Idee gedacht. Sie wurde jedoch so gut angenommen, dass ich Anfang 2021 gemeinsam mit drei Mitgründer:innen beschlossen habe, das Konzept als eigenes Unternehmen zu verwirklichen.
Aktuell bieten wir Webspace, beispielsweise für WordPress, und Maildienste auf isländischen Servern an, die zu 100% mit fossilem Strom betrieben werden. Ab Herbst erweitern wir unser Portfolio um virtuelle Maschinen und eine gemanagte Nextcloud-Lösung.
Doch nachhaltiges Hosting bedeutet für uns nicht nur grünen Strom zu nutzen und Ressourcen zu schonen. Der Service sollte ebenfalls nachhaltig sein. Deshalb bieten wir für unsere WordPress-Kunden auch eine gemanagte Alternative und stehen ihnen 7 Tage die Woche per E-Mail mit Rat und Tat zur Seite. Sollte die Kommunikation über E-Mails und Tickets einmal nicht ausreichen, haben unsere Kund:innen die Möglichkeit, eine 1:1-Unterstützung zu buchen.
Könntest du unseren Lesern aufzeigen, wie sich Petricore zu anderen grünen Hosting Lösungen unterscheidet?
Als ich die Idee von Petricore hatte, gab es in Deutschland noch kaum Hoster, die bewusst Ökostrom einsetzten. Damals engagierte ich mich ehrenamtlich in einer Bürgerinitiative und beschäftigte mich intensiv mit den Herausforderungen des deutschen (Öko)Strommarktes. Dabei musste ich feststellen, dass es noch ein langer Weg sein würde, bis wir vollständig auf regenerative Energien umsteigen können. Also begab ich mich auf die Suche nach einem Serverstandort, der die Umwelt deutlich weniger belasten würde. Über Glasfaser ist schließlich jeder Punkt in Europa in Millisekunden erreichbar.
Mein Augenmerk fiel auf Island. Vor einigen Jahrzehnten stellte Island seine Energieversorgung fast ausschließlich auf Wasserkraft und Geothermie um. Zudem ist die durchschnittliche Außentemperatur so niedrig, dass fast das gesamte Jahr über ohne Kältemaschinen gekühlt werden kann. Die örtlichen Rechenzentren sind auf High-Performance Computing ausgelegt, was eine niedrigere Power Usage Effectiveness (PUE) im Vergleich zu Deutschland ermöglicht. Das bedeutet, dass wir dort nicht nur mit weniger Emissionen pro kWh hosten, sondern auch insgesamt deutlich weniger Strom verbrauchen.
Welche Hosting-Produkte bietet ihr an?
Derzeit bieten wir vor allem klassisches Shared Hosting für WordPress an und stellen Webspace sowie Maildienste zur Verfügung. Auf Wunsch kümmern wir uns auch um die Updates und sichern die Wordpress nochmal gesondert gegen Hacker ab. Ab Herbst erweitern wir unser Portfolio um Linux vServer und eine gemanagte Nextcloud-Lösung. Zudem führen wir ein Reseller- und Agentur-Partnerprogramm ein, um unseren Kunden noch mehr Auswahl und Möglichkeiten zu bieten.
Kannst du uns kurz erklären, warum Island so ein Vorteil gegenüber dem Hosting in DE/EU hat?
Neben den bereits genannten? Da es kein Stromkabel von Island zum europäischen Festland gibt, darf Island – im Gegensatz z.B. zu Norwegen – kein Strom nach Europa verkaufen. Das heißt aber nicht, dass wir den Strom dort nicht direkt verbrauchen können. Denn stellen wir die Server für europäische Kunden statt nach Frankfurt – wo die meisten in Deutschland stehen – nach Reykjavík, sparen wir den (ökologischen) Strom ein, den wir für den Verbrauch und die Kühlung hier verbrauchen würden. Den können wir dann z.B. für unsere Wärmepumpen oder E-Autos verwenden.
DSGVO ist ja immer ein Totschlagargument. Wie siehst du dieses beim Hosting in Island?
Seit dem 25. Mai 2018 gilt die DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) in der gesamten EU, einschließlich dem Europäischen Wirtschaftsraum. Das bedeutet, dass es aus Datenschutzsicht keinen Unterschied macht, ob der Server in Deutschland oder in Island steht. Die DSGVO zielt schließlich darauf ab, die Daten der Endkunden zu schützen und nicht die Server-Provider.
Siehst du Geschwindigkeitseinbußen durch die Anbindung in Island im Vergleich zu Frankfurt?
Theoretisch ja – Island ist weiter vom Client entfernt als z.B. Frankfurt. Doch die gesamte Strecke wird über Glasfaser geleitet, und ob das Licht 100 oder 1000 km zurücklegt, ist marginal – entscheidender sind die Routingpunkte und Netzwerk-Knoten, die das Signal verarbeiten. Je höher die Anzahl dieser Punkte, desto mehr Zeit benötigen die Datenpakete von Client zu Server und zurück. Jedoch zwischen der Nordsee-Küste und Reykjavik hat das Licht freie Fahrt.
Was erwartest du für die kommenden 5-10 Jahre. Wie wird sich die Branche im Bezug auf Nachhaltigkeit verändern?
Ich hoffe, dass kreative Leuchtturmprojekte wie unseres den Bedarf an Nachhaltigkeit in der digitalen Branche stärken. Politik und Wirtschaft werden hoffentlich mehr Transparenz und Effizienz in Bezug auf Nachhaltigkeit fördern. Zusätzlich wird der wachsende Wunsch der Verbraucher nach umweltfreundlichen Lösungen das Handeln der Provider beeinflussen und die gesamte Branche zu mehr Nachhaltigkeit bewegen.
Vielen Dank für deine Zeit! Das Interview führte Marco Keul, Gründer und Betreiber von hosttest
Steckbrief zu Petricore Green Hosting GmbH
Name: Dirk Rene Hirsch
Position: Initiator & Geschäftsführer
Unternehmensform: GmbH
Angestellte: <10
FA besteht seit: März 2021
Kundenstamm: Agenturen, (nachhaltige) WebWorker:innen
Angebotene Produkte:
- Webhosting
- Managed Wordpress & WooCommerce Hosting
- Domains
- Reseller & Agentur Hosting
- Ab Herbst: vServer
Foto: Rene Grossner von Pixabay,
Dirk Rene Hirsch
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